bangladesch kämpft um höhere löhne

fehlende unterstützung seitens des textilbündnisses

Der Mindestlohn in Bangladesch wird erstmals seit 2018 wieder erhöht. Doch der neu festgesetzte Mindestlohn liegt weiterhin weit unter einem existenzsichernden Lohn und dem Betrag, den die Gewerkschaften forderten. Deutsche Hersteller sind gefragt, sich klar zu positionieren und Beihilfe zu zeigen. Doch den Unterstützerbrief des Textilbündnisses haben nur 9 von 77 Hersteller und Händler unterzeichnet.  

 

 

 

 

 

Bild: Kabiur Rahman Riyad

Nach lokalem Arbeitsrecht entscheidet in Bangladesch alle 5 Jahre ein sechsköpfiges „Minimum Wage Board“ über den Mindestlohn in sämtlichen Sektoren. Dieser Lohnfindungsprozess wird von der Clean Clothes Campaign Germany als äußerst intransparent und parteiisch bezeichnet. Zuletzt geschah dies 2018. Seitdem hat sich der Mindestlohn für die rund 4,4 Millionen Beschäftigten in der Bekleidungsbranche nicht erhöht, obwohl Gewerkschaften aufgrund der hohen Inflation wiederholt eine Erhöhung des Mindestlohns gefordert haben.

 

Als der Verband der Bekleidungshersteller BGMEA im Oktober dieses Jahres vorgeschlagen hatte, den Mindestlohn auf 10.400 Taka (88 Euro) zu heben, begannen die Proteste in Bangladesch. Im November kündigte die Regierung des Landes an, dass sich der Mindestlohn von 8.000 Taka auf 12.500 Taka erhöht (Umgerechnet von 66 Euro auf 106 Euro).

 

Doch die Proteste und Streiks gehen weiter, denn die Erhöhung entspricht nicht den Forderungen der Gewerkschaften und Arbeitnehmern. Der neue Mindestlohn ist eine Erhöhung von etwa 50%, doch immer noch weit von einem existenzsichernden Lohn entfernt. Dieser liegt nach Berechnungen der Asia Floor Wage Alliance deutlich über den 23.000 Taka (195 Euro), die die Gewerkschaften fordern.

 

Dies bedeutet für die Beschäftigten weiterhin ein Kampf ums Überleben und exzessive Überstunden, die Aufnahme von Krediten, Mahlzeiten ausfallen zu lassen oder ihre Kinder, statt in die Schule zur Arbeit zu schicken.

 

Aufgrund der Proteste wurden in Bangladesch mehr als 400 Fabriken zeitweise und 150 auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Vorsichtsmaßnahme, da es bei früheren Protesten zu Plünderungen und Vandalismus kam. Mindestens vier Menschen starben bereits bei den anhaltenden Protesten, viele wurden verletzt oder aufgrund ihrer Proteste verklagt. Die nationalen Wahlen, die voraussichtlich im Januar stattfinden verstärken weitere Unruhen. Gefahr ging jedoch nicht nur von den Protesten selbst aus, auch Einschüchterung und Repression gegenüber Arbeitnehmern nahmen zu. Fabrikbesitzer versuchten zunehmend die Arbeit von Gewerkschaften mit Gewalt zu unterdrücken. Mehrere Fälle von schweren körperlichen Angriffen als Mittel der Einschüchterung sind bekannt. 

Bild: Tagesschau, Protest für die Erhöhung des Mindestlohns auf 23.000 Taka

Die Bangladesh Garment & Industrial Workers Federation (BGIWF) hatte sich Anfang Oktober mit einem Brief an das Textilbündnis gewandt und um Unterstützung gebeten. Ebenfalls unterzeichnet wurde der Brief von den Gewerkschaftsverbände Akato Garment Workers Federation, Bangladesh Independent Garment Workers Union Federation, Bangladesh Revolutionary Garment Workers Federation und National Garment Workers Federation.

 

In diesem Brief forderten sie:

  • Unterstützung für die Forderung nach einem Mindestlohn von 23.000 Taka pro Monat
  • Die langfristige Verpflichtung, auch nach der Lohnerhöhung weiterhin aus Bangladesch zu sourcen
  • Die Einkaufspreise bei den Lieferanten entsprechend den Lohnkostenerhöhungen zu erhöhen
  • Einen Ausdruck der Besorgnis über die anhaltende Unterdrückung und Schikanierung von Gewerkschaftsführern und die Unterstützung für die Gewerkschaften, die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Protest

 

Damals äußerte sich der Steuerungskreis des Textilbündnisses wie folgt:

„Gemeinsam mit Gewerkschaften, Unternehmen und Zivilgesellschaft setzen wir uns für faire und formelle Arbeitsbedingungen sowie existenzsichernde Löhne weltweit ein. Existenzsichernde Löhne ermöglichen ein Leben in Würde, ein erklärtes Ziel aller Akteure in der Textillieferkette. Gewerkschaften spielen weltweit eine wichtige Rolle für fair bezahlte und sichere Arbeitsplätze. Die Rechte auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen gehören zu den zentralen Grundrechten. Es ist wichtig, dass Gewerkschaftsmitglieder frei sowie ohne Einschränkung, Einmischung oder Angst vor Vergeltung ihren Tätigkeiten nachgehen können.“ 

Dieser Aussage wird besonderer Nachdruck verliehen, bedenkt man, dass „existenzsichernde Löhne und Einkaufspraktiken“ eines der vier Fokusthemen des Bündnisses für nachhaltige Textilien ist. Weiter heißt es: „das Bündnis und seine Mitglieder streben die Zahlung existenzsichernder Löhne in der gesamten Lieferkette gemäß anerkannter Benchmarks anhand international anerkannter Referenzrahmen an.“

 

Die Antwort des Bündnisses für nachhaltige Textilien war ein Brief initiiert von der Zivilgesellschaft des Steuerungskreises Textilbündnis an die Premierministerin in Bangladesch und die örtlichen Verbände. Dieser Brief wurde jedoch nur von 17 der insgesamt 124 Bündnis-Mitglieder unterzeichnet. Darunter beispielsweise die Initiatoren NGOs Femnet und Inkota. Von den 77 Herstellern und Händlern haben nur 9 unterschrieben. Dies bezeichnet Berndt Hinzmann von Inkota als Armutszeugnis. Zu den unterzeichnenden Unternehmen gehören Boss, Vaude, Kik, Jako, Sympatex, Mantis World, Cotton-n-More, Münz und Snocks.

 

Die Einkäufer der großen Firmen nennen unterschiedliche Gründe dafür, nicht unterzeichnet zu haben. So verwiesen sie teils auf andere Engagements oder Briefe, die unterzeichnet wurden oder darauf, nicht in Bangladesch zu produzieren.

 

Dabei ist einen konsequente Unterstützung der Marken und Hersteller essenziell für die Umsetzung fairer Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsbranche. Fabrikbesitzer in Bangladesch stützen sich in ihrer Argumentation darauf, keinen finanziellen Spielraum für einen Mindestlohn über 12.500 Taka zu haben. Dabei ist bekannt, dass es die Auftraggeber sind, die in der Branche die Preise diktieren.

Aika Fischbeck von Femnet äußert sich entsprechend: „die internationalen Modemarken müssen mit ihren Einkaufspreisen den Fabrikbesitzern Margen ermöglichen, mit denen den Nähern existenzsichernde Löhne gezahlt werden können. Stattdessen aber drücken sie die Einkaufspreise“.

 

Vertreter der Fabrikbesitzer in Bangladesch befürchten, dass die Mindestlohnerhöhung eine Katastrophe für die Branche sein könnte. Dies geschieht, wenn Auftraggeber nicht bereit sind, höhere Kosten mitzutragen und unter Androhung von Lieferantenwechsel die Preise drücken.

 

Laut Tagesschau hätten sich mehrere Fabrikbesitzer bereits an ihre Kunden, zu denen zum Beispiel der Modekonzern H&M gehört, gewandt und um finanzielle Hilfe bei der Finanzierung der Lohnerhöhungen gebeten.

 

Ob sich die großen Marken, die sich nach außen für die Umsetzung verantwortungsvoller Einkaufspraktiken aussprechen, während den Verhandlungen in Bangladesch jedoch geschwiegen haben, wirklich an ihre Fariness-Claims halten oder Versprechungen hohl bleiben, wird sich nun zeigen.

 

 

Quellen:

 

aufgerufen am 14.12.23

 

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